Episoden aus dem Leben.

Monday, August 12, 2013

Verregnete Sommertage

Das Surfen des Internet hat mich schon soweit vereinnahmt, dass ich an einem verregneten Nachmittag ohne neuen "content" nicht mehr weiß, was ich mit mir anfangen soll. Mal durchstöbert man seine Musiksammlung und liegt dann mit einem Joint im Bett, andern mal sitzt man auch einfach nur da und kifft.
An so einem Tag beschließe ich einmal viertel neun doch noch duschen zu gehen. Der innere Teil von mir, der sich gegen die Apathie meines Ichs, den lifestyle eines Junkies zu tolerieren und alles so hinzunehmen wie es kommt, mit Fußtritten wehrt, übernimmt einmal mehr den Körper und nach ein paar reflektierenden Bodenübungen spürt man das Wasser fast wie einen warmen Sommerregen auf der Haut. Meiner weiterhin verschobenen Wahrnehmung nach trauend, muss ich meinen Kopf wohl stundenlang kniend gewaschen haben. Typische Gedankengänge von alltäglichen Fragen, wie der verbleibenden Laufzeit der Waschmaschine oder dem virtuellen Sortieren von Problemen, die vom Wasser weggespült werden. Doch die Gedanken verwischen so schnell und sind dabei kaum greifbar durch beides, content und Zeit, dass ich mich im Urlaub am Meer in der Zukunft sehe und doch bin ich ein Vierjähriger, der von seinem Großvater in der Badewanne "den Buckel" gewaschen bekommt.
Viele Dinge scheinen gleichzeitig und ohne Zeitverlust abzulaufen, wenn man stoned ist. Im Hinterkopf höre ich immer wieder die Zeile "This is not what you wanted, nor what you had in mind" aus "Bad Kingdom". Sicherlich ist es eine verstörende und ziellos machende Zeit. Sicherlich ist auch die Apathie meines Ichs irgendwo in der Wahrheit versteckt, doch ist das so schwierig auszumachen wie Spucke im Meer.
Beim Abtrocknen frage ich mich, halb rhetorisch, ob der große Mann hinter mir in der Badewanne sein Leben so im Kopf hatte. Andächtig an seinen zu frühen Tod tropft der nächste ins Becken. Der beste Freund meines Vaters, eine weitere traurige Geschichte, die man als Übriggebliebener zu erzählen hat. Nach der Wiedervereinigung war der Dampfer schnell abgefahren, eine Ehe die nicht hält, kein Sorgerecht, die ganze Palette. Sein letzter Urlaub war am Meer, das Foto von ihm beim Tauchen bewahre ich immernoch wie einen Schatz. Außer den Fotos bringt er eine innere Kopfverletzung mit. In der letzten Nacht fließt wieder einmal zuviel Alkohol. Allein zu hause.
Für mich ist einmal Duschen wie eine Weltreise, weil ich meine Gedanken damit nicht ertränken kann. Was ist Apathie, Realismus? Fürchte die Apathie mehr als Anthrax und Milzbrand sagen die Profis, für meinen Teil muss mehr gehen. Ein reißendes Gefühl von Schicksal, Ohnmacht und Determinismus fügt sich seine Bahnen, am Ende mündet doch jedes Bächlein ins Meer.