Episoden aus dem Leben.

Friday, January 19, 2018

Plaues Gefühl

Beim folgenden Text handelt es sich um einen Auszug einer Fortsetzung zur kleinen Italienreise.
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Ich treibe unentschieden auf meiner plauen Insel. Angst vor dem Tod? Dem Natürlichen; vor der Uneinlösbarkeit des Unmöglichen mit jeglichen Mitteln. Viele finden es sinnlos, ohne zu suchen. Das Menschliche entdecken, heißt: auf Reise gehen. Heißt Wohlstand, Gerechtigkeit, Frieden kategorisch hinterfragen. Du weißt, diese Erzählung handelt ausschließlich von der Wahrheit. Sie handelt von der Wahrheit des Menschlichen, einer Wahrheit des Menschlichen, des Schmerzes, der Lust und des Verlusts. Im Taumel durch die Zeit, zwischen Identität und Transformation begriffen, wird der Nebel zur plastischen Größe einer Wende des Selbst.
Das wahre Plauen ist verborgen in diesem Raum, in den nur wenige wieder vordringen können, sobald sie ihn einmal verlassen haben. Ein Zug in Richtung Abstellgleis war der Trick, den es benötigte: den Fokus nicht verlieren! Am Gleis 7 stehen alle ostdeutschen Wanderarbeiter und werden weiterhin belächelt; daneben ein Schild, auf dem zu lesen ist „Kein Rückfahrtticket gegen Begrüßungsgeld“.
Tröstet sie, sich in ihrer Angst vereint zu wähnen? In der ausgesuchten Einsamkeit, der ich hier, mittels einiger nervöser Striche, nachjage, mit jedem Zeilenumbruch; deren Spuren ich suche, weil sie die letzten Fragmente einer vergessenen Welt sind, die mir nicht nicht gehört hat. Siehst du jetzt, wo die Fäden zusammenlaufen, die uns verbinden? Folge ich ihnen, folge ich der Lust, die Zeit zurückzudrehen, nicht weil ich lieber an diesem anderen Ort wäre, sondern um zu verstehen, was von mir übrig ist. Also keine Sorge, ich erzähl's dir, nur damit de wasst wo iech herkomm'.
Auch für mich ist es kein Leichtes, diesen Glitch zu ignorieren, der uns die Sicht abrupt verdirbt, der mir die Illusion nimmt, dass hier irgendetwas echt ist. Doch tatsächlich ersteht die Innenstadt in der Dämmerung eine stummschreiende Hermetik, sobald die orangefarbenen Straßenlichter die Häuserfronten im tinto ersäufen. Wohlwissend welches Schnabernacks es zu treiben bedarf, um mich fortzuführen, ziehen die Straßen mich hinaus; so überquere ich die Friedensstraße und nehme jede Stufe auf dem Weg zum Bärensteinturm hinauf einzeln. Niemand außer mir ist noch unterwegs, und so bin ich der einzige hier oben, der die Schatten auf der Kaiserstraße wachsen sieht, sich Zeit nimmt, ihnen seinen Blick schenkend; bis sich mein Plauen als von ihnen erfüllt begreifen lässt.
Fülle, das ist Leben. Die Abwesenheit ist das, was vor und nach dem Auftauchen ist. Wirfst du deinen Blick von hier oben, erkennst du, dass alles, was nicht erfüllt, Tod heißt. Meine Furcht galt also nie dem Verschwinden des physischen Körpers, sondern dem Verschwinden der Dinge, die mich im uns bedingen: die uns, als Kontingent begriffen, bedeuten.

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