Episoden aus dem Leben.

Tuesday, August 11, 2015

"Jammern auf hohem Niveau"

Aus der Redaktion und ab in die unheimliche Welt des Berufsverkehrs. Der Leser mag an dieser Stelle bloß nicht auf die Idee kommen, mir nahezulegen, ich solle mir diesen Kunstgriff aus dem Kopf schlagen, denn die U-Bahn hat ihre eigenen Gesetze und denen hat sich jeder zu beugen. Eigene Aromen, eigene Horrorshow und meistens einen toleranzüberlastenden, eigenen Musikgeschmack. Ich hab es mir rausgesucht und so tauche ich unter, tausche Tag mit Zwielicht, lass mich von einem Flyerverteiler breitquatschen, mal wieder, nehme die Treppenstufen nach unten doppelt. Drinnen nehme ich mir erstmal Zeit darüber nachzudenken, wie ich denn jetzt bei meinem Projekt, dessen erster Teil der Artikel war, weiterverfahren werde und dann liegt es plötzlich auf der Hand.
Ganz sicher ist ein Treffen mit einer der sich meldenden Personen möglich. Was wenn's ein Mann ist? Würde der Story wenigstens einen Hauch modern verleihen und wäre auch nicht das erste mal. Was wenn doch nicht? Für eine Frau müsste ich mir wenigstens nicht wirklich was überlegen.
Auf dem Weg ins Herz einer Frau wurden irgendwann einmal die Stiergestalt des Zeus und der Goldregen der Diana als Modernisierungsmaßnahme eingetauscht für Pferd und Esel. Mittlerweile ist ein update für diese überfällig, daher tausche ich sie wiederum ihrerseits ein für seg-ways, skate-boards, short-boards, long-boards, kick-boards, sky-cars und schwarze Löcher. Die Vorteile modisch viel präsentere Vehikel zu nutzen sind einmal die rausgepatchten Tierversuche, was die ganze Fahrt blissfully mit insta-filtrierter Sommerbrise im Gesicht inszeniert. Zweitens wurde endlich die Geschlechtsspezifik entproblematisiert, nachdem man sie dafür zunächst einmal hatte problematisieren müssen, aber so kann jede/s/r seine Identität frei wählen, sofern er sich dazu entscheiden möchte...was kein Muss ist. Denn gerade die Igno-ääh Toleranz wird durch die gesellschaftliche Normativierung der Volks-Libido herausgestrichen. Die Hauptidee ist halt, dass man das Gefährt wählt, das individuell auf seine innersten Wünsche abgestimmt ist, denn schließlich fand man heraus, dass sich daraus ja auch ein Problem machen lässt; wenn's der Frau gefällt, auch gut.
Letztendlich ist es ja nicht so, dass Frauen nicht erobert werden dürfen, aber heute will das auch keiner mehr. Postkolonial weiß man natürlich, dass erobern auf Dauer nur nervig ist, deswegen sagt man sich, viel wichtiger als Krieg ohne Aussicht auf wirtschaftlichen Mehrwert zu führen, wäre eine Variante ohne einprogrammierte Nachteile. Also kümmert man sich stattdessen um seine Reflektion in der Windschutzscheibe, besorgt, liebevoll, lentement.
Oh, da habe ich mich doch glatt von der Polemik vereinnahmen lassen und die ganze Gesellschaft größer aufgeblasen als sie's wert ist. Wie sagte mal ein guter Freund nach einer typischen Diskussion über das Leben, das Universum und den ganzen Rest: "Haben wir heute irgendwelche Probleme gelöst?", und nein, wir hatten in der Tat keine gelöst, was mich denken lässt, man müsse nicht dauernd für andere mitdenken oder trotzige Heucheleien in der Gegenwart anderer als Lebensweisheiten ausgeben. Lange Rede, kurzer Sinn, ein Schulterzucken später dreht sich die Welt genauso weiter, werft aber besser eure Lupen weg und vergesst, dass ihr welche hattet, kleiner Tip am Rande.
Im Grunde genommen gibt es nämlich keinen Anlass dafür Liebe in der Literatur zu suchen oder gar Literatur zu betreiben, weil sie bekanntlich dauernd am Ende ist. Ihren sprichwörtlichen Sarg hat man nur irgendwann durch eine Pappschachtel ersetzt und dann Schrödingers Katze eingesetzt, oder auch nicht, das weiß ich jetzt nicht mehr so genau. Auf jeden Fall versteht sich von selbst, dass ab sofort ein viel ausgelassener Ton herrschen muss, denn vom vielen Nörgeln wird eine Geschichte auch nicht beseelt, sondern Jammern auf hohem Niveau.
Wäre jetzt ein Leser dabei, der mir unterstellte ich könne meine Gedanken nicht präzise genug formulieren, ich würde ihn mit Handschlag auf ein Bier einladen und ihm die Gründe erklären! Problematisch für mich aber, denn am Ende des Abends hätte ich entweder das Problem, mich nicht gut genug verkauft zu haben, oder wir wären dann beste Freunde, hätten aber keinerlei Probleme gelöst. Klassisches Dilemma.
Voilà! Man sieht ja, dass ich gerade einfach nicht anders kann als mich in Selbstzerstreuung aufzulösen. Manches muss man irgendwann einsehen und mitnehmen. Wie diese Geschichte, die auf dem Weg zur Arbeit und zurück entsteht. Quasi zwischen Redaktion und Redigieren redigiere ich mein Leben und blende mich perfekt in meine Umwelt ein, die sich neben mir sitzend auch aufzulösen scheint. Ich muss es tun, wie der Löwe, der beschämt nach seinem Rudel schaut, nachdem er gegen einen Baum gelaufen ist. Mein Selbstvertrauen reichte gar nicht dafür aus einfach weiterzulaufen als sei nichts gewesen, geschweigedenn den Baum dafür verantwortlich zu machen. Man kann ja auch ganz einfach die Welt verantwortlich machen. Würde einer widersprechen, wenn ich sagte es lebte sich so viel angenehmer?
Und da kommt auch schon meine Station; eine Antwort werde ich deshalb höchstens nachreichen können. Doch auch trotz all des Katzenjammers mit Schrödinger und der Liebe zur Literatur glaube ich, dass sie ja doch existiert. Vor Gericht würde ich das aber vermutlich widerrufen, umso besser, dass ihr eure Lupen weggeworfen habt. An dieser Stelle shoutout an den BND, die NSA und CIA – ihr wart schon immer teh real Raubkatzen.

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