Aus
der Redaktion und ab in die unheimliche Welt des Berufsverkehrs. Der
Leser mag an dieser Stelle bloß nicht auf die Idee kommen, mir
nahezulegen, ich solle mir diesen Kunstgriff aus dem Kopf schlagen,
denn die U-Bahn hat ihre eigenen Gesetze und denen hat sich jeder zu
beugen. Eigene Aromen, eigene Horrorshow und meistens einen
toleranzüberlastenden, eigenen Musikgeschmack. Ich hab es mir
rausgesucht und so tauche ich unter, tausche Tag mit Zwielicht, lass mich von einem
Flyerverteiler breitquatschen, mal wieder, nehme die Treppenstufen
nach unten doppelt. Drinnen nehme ich mir erstmal Zeit darüber
nachzudenken, wie ich denn jetzt bei meinem Projekt, dessen erster
Teil der Artikel war, weiterverfahren werde und dann liegt es
plötzlich auf der Hand.
Ganz sicher ist ein Treffen mit einer der
sich meldenden Personen möglich. Was wenn's ein Mann ist? Würde der
Story wenigstens einen Hauch modern verleihen und wäre auch nicht
das erste mal. Was wenn doch nicht? Für eine Frau müsste ich mir
wenigstens nicht wirklich was überlegen.
Auf dem Weg ins Herz
einer Frau wurden irgendwann einmal die Stiergestalt des Zeus und der
Goldregen der Diana als Modernisierungsmaßnahme eingetauscht für
Pferd und Esel. Mittlerweile ist ein update für diese überfällig,
daher tausche ich sie wiederum ihrerseits ein für seg-ways,
skate-boards, short-boards, long-boards, kick-boards, sky-cars und
schwarze Löcher. Die Vorteile modisch viel präsentere Vehikel zu
nutzen sind einmal die rausgepatchten Tierversuche, was die ganze
Fahrt blissfully mit insta-filtrierter Sommerbrise im Gesicht
inszeniert. Zweitens wurde endlich die Geschlechtsspezifik
entproblematisiert, nachdem man sie dafür zunächst einmal hatte problematisieren müssen, aber so kann jede/s/r seine Identität
frei wählen, sofern er sich dazu entscheiden möchte...was kein Muss
ist. Denn gerade die Igno-ääh Toleranz wird durch die
gesellschaftliche Normativierung der Volks-Libido herausgestrichen.
Die Hauptidee ist halt, dass man das Gefährt wählt, das individuell
auf seine innersten Wünsche abgestimmt ist, denn schließlich fand
man heraus, dass sich daraus ja auch ein Problem machen lässt;
wenn's der Frau gefällt, auch gut.
Letztendlich ist es ja nicht
so, dass Frauen nicht erobert werden dürfen, aber heute will das
auch keiner mehr. Postkolonial weiß man natürlich, dass erobern auf
Dauer nur nervig ist, deswegen sagt man sich, viel wichtiger als
Krieg ohne Aussicht auf wirtschaftlichen Mehrwert zu führen, wäre
eine Variante ohne einprogrammierte Nachteile. Also kümmert man sich
stattdessen um seine Reflektion in der Windschutzscheibe, besorgt,
liebevoll, lentement.
Oh, da habe ich mich doch glatt von der
Polemik vereinnahmen lassen und die ganze Gesellschaft größer
aufgeblasen als sie's wert ist. Wie sagte mal ein guter Freund nach
einer typischen Diskussion über das Leben, das Universum und den
ganzen Rest: "Haben wir heute irgendwelche Probleme gelöst?",
und nein, wir hatten in der Tat keine gelöst, was mich denken lässt,
man müsse nicht dauernd für andere mitdenken oder trotzige
Heucheleien in der Gegenwart anderer als Lebensweisheiten ausgeben.
Lange Rede, kurzer Sinn, ein Schulterzucken später dreht sich die
Welt genauso weiter, werft aber besser eure Lupen weg und vergesst,
dass ihr welche hattet, kleiner Tip am Rande.
Im Grunde genommen
gibt es nämlich keinen Anlass dafür Liebe in der Literatur zu
suchen oder gar Literatur zu betreiben, weil sie bekanntlich dauernd
am Ende ist. Ihren sprichwörtlichen Sarg hat man nur irgendwann
durch eine Pappschachtel ersetzt und dann Schrödingers Katze
eingesetzt, oder auch nicht, das weiß ich jetzt nicht mehr so genau.
Auf jeden Fall versteht sich von selbst, dass ab sofort ein viel
ausgelassener Ton herrschen muss, denn vom vielen Nörgeln wird eine
Geschichte auch nicht beseelt, sondern Jammern auf hohem
Niveau.
Wäre jetzt ein Leser dabei, der mir unterstellte ich
könne meine Gedanken nicht präzise genug formulieren, ich würde
ihn mit Handschlag auf ein Bier einladen und ihm die Gründe
erklären! Problematisch für mich aber, denn am Ende des Abends
hätte ich entweder das Problem, mich nicht gut genug verkauft zu
haben, oder wir wären dann beste Freunde, hätten aber keinerlei
Probleme gelöst. Klassisches Dilemma.
Voilà! Man sieht ja, dass
ich gerade einfach nicht anders kann als mich in Selbstzerstreuung
aufzulösen. Manches muss man irgendwann einsehen und mitnehmen. Wie
diese Geschichte, die auf dem Weg zur Arbeit und zurück entsteht.
Quasi zwischen Redaktion und Redigieren redigiere ich mein Leben und
blende mich perfekt in meine Umwelt ein, die sich neben mir sitzend
auch aufzulösen scheint. Ich muss es tun, wie der Löwe, der
beschämt nach seinem Rudel schaut, nachdem er gegen einen Baum
gelaufen ist. Mein Selbstvertrauen reichte gar nicht dafür aus
einfach weiterzulaufen als sei nichts gewesen, geschweigedenn den
Baum dafür verantwortlich zu machen. Man kann ja auch ganz einfach
die Welt verantwortlich machen. Würde einer widersprechen, wenn ich
sagte es lebte sich so viel angenehmer?
Und da kommt auch schon
meine Station; eine Antwort werde ich deshalb höchstens nachreichen
können. Doch auch trotz all des Katzenjammers mit Schrödinger und der Liebe zur Literatur glaube ich, dass sie ja doch
existiert. Vor Gericht würde ich das aber vermutlich widerrufen,
umso besser, dass ihr eure Lupen weggeworfen habt. An dieser Stelle
shoutout an den BND, die NSA und CIA – ihr wart schon immer teh
real Raubkatzen.